Über 150.000 Kinder durch Kriegsgewalt von ihren Eltern getrennt

17. Juni 2024

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Kinder, die von ihren Eltern getrennt wurden oder ihre Bezugspersonen verloren haben, erfahren ein hohes Risiko von Ausbeutung, Missbrauch und anderen schweren Verletzungen ihrer Rechte. Eine aktuelle Studie des UNHCR zeigt, dass aktuell mehr als 150.000 von ihnen den verheerenden Folgen von bewaffneten Konflikten, Kriegsgewalt und Vertreibung ausgesetzt sind.

19.000 palästinensische Kinder ohne Eltern

In Konfliktgebieten wie dem Gazastreifen und dem Südsudan ist die Lage für Kinder ohne ihre Eltern oder Bezugspersonen katastrophal. Seit dem Beginn des Krieges im Gazastreifen hat sich das Leben der 2,2 Millionen Menschen dort dramatisch verändert. Unter ihnen befinden sich schätzungsweise 19.000 palästinensische Kinder, die von ihren Eltern getrennt sind oder überhaupt keine Familie mehr haben.

Diese Kinder werden als UASC ("Unaccompanied and Separated Children") bezeichnet: "Unbegleitete und von ihren Eltern getrennte Kinder". Sie benötigen nicht nur Wasser, Nahrung und Medikamente, sondern auch dringend psychologische Erste Hilfe, um das anhaltende Chaos zu bewältigen.

Dauerhafter Waffenstillstand

Die Auswirkungen, die der Krieg im Gazastreifen auf die Kinder hat, sind unbeschreiblich. Das gilt insbesondere für Kinder, die ihre Eltern verloren haben und oftmals ganz auf sich allein gestellt sind. War Child bietet ihnen den Schutz und Sicherheit. Besonders in Kriegssituationen sind auf sich allein gestellte Kinder akut gefährdet und der Gefahr von Vernachlässigung oder Missbrauch ausgesetzt. Kinder im Gazastreifen reisen oftmals unbegleitet von Ort zu Ort, passieren Checkpoints, finden zum Beispiel nur schwer Zugang zu Nahrungsmitteln und riskieren zu verhungern. War Child fordert daher einen dauerhaften Waffenstillstand, damit wir unsere Arbeit sicher verrichten können und Zugang erhalten, um für diese Kinder da zu sein.

“In den Trümmern habe ich nach meiner Familie gesucht. Ich wollte wissen, ob jemand überlebt hat. Aber wir konnten sie nicht finden: nicht meinen Vater, nicht meine Mutter, niemanden."
Sahid (9) aus dem Gazastreifen
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Der neunjährige Sahid hat im Gazastreifen seine Eltern und seine beiden Brüder verloren

Foto: War Child

Dauerhafte Folgen

Der Verlust der Eltern sowie die Trennung von der Familie ist ein schmerzhaftes Ereignis, das dauerhafte negative Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder hat. Die Wahrscheinlichkeit einer Depression und Gefühle von Einsamkeit oder Trauer, die alleine kaum zu bewältigen sind, ist bei ihnen noch größer als bei anderen Kindern. Je länger ein Kind dabei auf sich allein gestellt ist, desto mehr ist es diesen Risiken ausgesetzt.

Deshalb ist es umso wichtiger, diese Kinder ausfindig zu machen. In den Ländern und Regionen, in denen es möglich ist, setzt sich War Child daher entschieden dafür ein, Kinder wieder mit ihren Familien zusammenzuführen.

Ähnliche Situation im Südsudan

Ende letzten Jahres war mehr als die Hälfte der Menschen im Südsudan, die vor der Gewalt im benachbarten Sudan geflohen waren, unter 18 Jahre alt. Viele von ihnen kamen ohne Eltern oder Bezugspersonen an, weil sie zum Beispiel auf der Flucht von ihren Familien getrennt wurden.

Bis Juli 2023 wurden an der Grenze und in Durchreisezentren mehr als 380 Kinder ausgemacht, die von ihren Familien getrennt wurden. Diese Kinder sind besorgniserregenden Risiken ausgesetzt – darunter die Rekrutierung für bewaffnete Gruppen, frühe Heirat und Zwangsarbeit. Infolgedessen leiden sie unter schweren psychosozialen Problemen wie Angst, extremem Stress und dem Verlust der Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

“Es war eine sehr schwierige Situation. Aber welche Möglichkeiten hatte ich? Ich musste zurechtkommen. Ich war mit meinem Bruder unterwegs, aber auch mit anderen Kindern, die wir unterwegs getroffen haben, und die alleine waren. Es war meine Aufgabe, sie zu beschützen."
Nyakuma (22) aus dem Südsudan
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Nyakuma (22) und Ajou (14) aus dem Südsudan wurden von ihrem Vater getrennt und haben ihre Mutter verloren. Nyakuma kümmert sich nun um ihren kleinen Bruder und andere Kinder, die von ihren Familien getrennt wurden.

Foto: War Child

Widerstandsfähigkeit ist nicht grenzenlos

Sowohl im Gazastreifen als auch im Südsudan fällt es Kindern schwer, sich eine Zukunft ohne Krieg vorzustellen. Ihre mentale Gesundheit ist durch die anhaltende Gewalt stark belastet.

War Child arbeitet hart daran, diesen Kindern zu helfen. Wir glauben dabei fest an ihre angeborene Widerstandsfähigkeit. Aber sie ist nicht unendlich. Es ist von enormer Bedeutung, den Kindern psychologische Unterstützung zukommen zu lassen, damit sie ihre schrecklichen Erlebnisse verarbeiten können. Es ist entscheidend, dass diese Hilfe schnell geleistet wird, um langfristig schweren psychischen Problemen entgegenzuwirken.

Wir unterstützen Kinder, die auf sich alleine gestellt sind

Die Geschichte der Kinder im Gazastreifen und im Südsudan ist eine Geschichte über Trauer und Verlust, aber sie erzählt auch von Hoffnung und Widerstandskraft. Mit der richtigen Hilfe und Unterstützung können diese Kinder ihre Traumata überwinden mit Hoffnung in die Zukunft blicken.

War Child glaubt an die natürliche Widerstandskraft der Kinder und setzt sich auch weiterhin dafür ein, sie darin zu unterstützen – auch unter schwierigsten Bedingungen.